Lohnt es sich heutzutage für einen jungen Chinesen überhaupt, Deutsch als Fremdsprache zu studieren? Wie sehen die beruflichen Perspektiven für einen Germanistik-Absolventen aus? Und mit welchen Schwierigkeiten ist er konfrontiert? Wir haben für Sie an den Beijinger Universitäten nachgefragt.
Die Anzahl der Hochschulen in China, an denen man im Rahmen eines vierjährigen Bachelor-Studiums Deutsch im Haupt- oder Nebenfach studieren kann, ist innerhalb weniger Jahre von unter 30 auf fast 80 gestiegen. Laut Angaben des Deutschen Akademischen Austausch Dienstes (DAAD) lag die durchschnittliche Zahl der jährlichen Studienanfänger im Hauptfach Deutsch in den letzten Jahren bei etwa 1.500. Die Gesamtzahl chinesischer Germanistik-Studenten im Bachelor-Studiengang belief sich auf knapp 6.000.
Die deutliche Erweiterung des Studienangebots im Fach Germanistik in China hat mehrere Gründe. Ein Hauptfaktor ist sicher die massive Präsenz der deutschen Wirtschaft in China und die zunehmend größere Bedeutung Deutschlands als Wirtschaftspartner. Hinzu kommt, dass Deutschland bei chinesischen Studierenden ein äußerst beliebtes Land für ein Auslandsstudium ist. Wer sich in China also für Deutsch als Studienfach entscheidet, der sollte eine gute berufliche Perspektive haben. Ähnlich sieht das Professor Doktor Jia Wenjian, der Dekan der Deutschen Fakultät an der Beijinger Fremdsprachenhochschule:
„Die deutsche Sprache hat sicher einen hohen Stellenwert. Heutzutage gibt es insgesamt gegen 80 Universitäten in China, wo Deutsch als Hauptstudienfach angeboten wird. Das ist im Vergleich zu vor 20 Jahren eine drastische Erhöhung. Dies ist zweifellos auf die zügige Entwicklung der Beziehungen zwischen China und Deutschland zurückzuführen. Die Beziehungen beider Länder beschränken sich nicht nur auf Wirtschaft, sondern es gibt sie auch in der Kultur."
Dem chinesischen Handelsministerium zufolge ist Deutschland schon seit 30 Jahren Chinas wichtigster Handelspartner in Europa. Im Jahr 2002 löste China erstmals Japan als wichtigsten Handelspartner von Deutschland in Asien ab. Die logische Konsequenz: die Zahl der in China ansässigen deutschen Unternehmen ist in den letzten Jahren markant gestiegen. Dementsprechend zugenommen hat die Nachfrage nach Mitarbeitern, die sowohl Deutsch als auch Chinesisch und Englisch sprechen. Zhu Jin, die Dekanin der Deutschen Fakultät der Capital Normal University in Beijing, kennt dieses Phänomen:
„Ein großer Teil unserer Absolventen arbeitet bei ausländischen Unternehmen. Ein wichtiger Grund ist, dass sie sowohl sehr gut Deutsch, als auch fließend Englisch sprechen können."
Die berufliche Perspektive ihrer Studierenden stuft Dekanin Zhu höher ein als die von Studierenden anderer Sprachen. Vor allem in der staatlichen Verwaltung gäbe es Bedarf an Germanisten:
„Einige unserer Absolventen erhielten eine Stelle beim chinesischen Zollamt oder auch beim Amt für die Ein- und Ausreiseverwaltung. Auch bei Radio China International arbeiten einige unserer Absolventen."
Wohin es die Germanisten der Beijinger Fremdsprachenhochschule nach ihrem Abschluss im vergangenen Jahr verschlagen hat, erzählt uns Professor Doktor Jia Wenjian:
„20 Prozent der Absolventen arbeiten in der Wirtschaft, zum Beispiel in deutsch-chinesischen Jointventures und in der Außenhandelsbranche. Gegen 30 Prozent gehen zu den Fernseh- und Radioanstalten oder anderen Medien. Interessant ist, dass im letzten Jahr 30 Prozent der Absolventen ins Ausland gegangen sind. Sie arbeiten zum Beispiel in den Konfuzius-Instituten, die für unsere Absolventen momentan auch eine neue Arbeitsmöglichkeit sind. Sieben Prozent wurden Beamte. 18 Prozent sind zur Weiterbildung ins Ausland gegangen. 21 Prozent blieben in China, um einen Masterstudiengang zu machen."
Andere Fremdsprachen – allen voran Englisch – werden von viel mehr Chinesen studiert als Deutsch. Infolgedessen ist auch der Konkurrenzkampf auf dem Arbeitsmarkt unter den Anglisten weitaus größer als unter den Germanisten. Auch wenn die Beschäftigungslage für Studienabgänger in China im Allgemeinen zunehmend schwieriger wird, ist Professor Doktor Jia optimistisch was die Zukunftsperspektiven von Germanistik-Absolventen anbelangt:
„Landesweit betrachtet haben einige Deutsche Fakultäten jetzt zwar auch einige Proleme bei der Arbeitssuche für ihre Absolventen. Aber in meiner Fakultät hat bisher noch keiner eine Schwierigkeit erlebt, weil jedes Jahr mindestens 97 Prozent unserer Absolventen Arbeit finden können."
Quelle: http://de.showchina.org/01/02/201108/t970332.htm