Die diesjährige Londoner Buchmesse hat einen besonderen Fokus auf China. Mit 1,3 Milliarden Menschen ist China einer der größten Märkte für die Verlagsbranche. Aber chinesische Verleger haben mit der gleichen Herausforderung zu kämpfen wie ihre Kollegen in anderen Ländern: mit der Bedrohung des digitalen Zeitalters.
E-Books haben allein in den vergangenen beiden Jahren fast 50 Prozent der chinesischen Buchläden aus dem Geschäft gedrängt. Laura Luo sprach mit der China Publishing Group, die die übersetzte Version von Harry Potter verlegt hat, darüber, wie chinesische Verleger den Digital-Ansturm überstehen können. Sie erklärt: "Knapp 2000 Jahre lang haben gedruckte Bücher eine große Rolle im Leben der chinesischen Leser gespielt. Doch heute ändert sich das, denn immer mehr Leute gehen auf elektronische Bücher über. Viele Buchläden sind daher aus dem Geschäft gedrängt worden." Und das nicht nur in China. Selbst Amerikas zweitgrößter Buchladen, Borders, konnte den Digital-Ansturm nicht überleben.
Aber die China Publishing Group ist zuversichtlich, dass gedruckte Bücher auch in Zukunft weiter eine Rolle spielen. Liu Bogen, der Vize-Präsident der China Publishing Group Corporation, meint: "Je mehr Menschen elektronische Bücher lesen, desto weniger Menschen lesen gedruckte Bücher. Aber wenn das Ganze einen gewisses Stadium erreicht hat, werden digitale Bücher und gedruckte Bücher im chinesischen Markt koexistieren. Und das in allen möglichen Formaten: Internet, Digital und Handy."
Laut einem Bericht vom Gipfel der E-Book-Branche 2011 stieg der Absatz von digitalen Büchern 2010 in China auf knapp zwei Millionen, ein 50-prozentiger Anstieg von der Zahl im Vorjahr. Allerdings hat sich der Absatz von gedruckten Büchern kaum geändert. Liu erklärt: "Der jährliche Absatz von gedruckten Büchern steht bei rund 60 bis 70 Milliarden Yuan (etwa 8,4 Milliarden Euro), und diese Zahl hat sich in den vergangenen paar Jahren fast nicht geändert."
Um zu überleben, so meint Liu, sei eine Veränderung im Geschäftsmodell nötig, aber der Effekt werde sich nicht sofort zeigen. Liu meint: "Wir bereiten uns aktiv auf das digitale Zeitalter vor. Aber es wird eine starke Plattform benötigt. Einfach die anderen Anbieter von Plattformen zu nutzen, zum Beispiel iPad, wird den Verlegern nicht viel Gewinn einbringen. Wir suchen immer noch nach einem guten Geschäftsmodell. Bei der Investition in digitale Bücher wird es lange dauern, bis sich irgendwelche Gewinne zeigen."
Liu stellt heraus, dass ein Hauptproblem für die chinesische Verlagsbranche der Mangel an Kreativität sei: Von der großen Zahl an neuen Büchern, die jedes Jahr gedruckt werden, sind die Hälfte Sachbücher, und die große Mehrheit der restlichen Bücher sind Neuauflagen von klassischen Büchern. Die China Publishing Group hofft, dies zu ändern – auf der diesjährigen Londoner Buchmesse plant sie, ein Angebot für J.K. Rolling's neues Buch zu machen.