Derzeit gibt es in China vier Hochschulen, an denen ausschliesslich behinderte Studenten studieren. Aber auch einige andere Universitäten bieten spezielle Unterrichtskurse für Behinderte an. Immer mehr Behinderte in China haben nun die Möglichkeit, einen Universitäts- oder Hochschulabschluss zu bekommen. Im folgenden laden wir Sie zu einem Besuch im Institut für Behindertenbildung der Changchun-Universität ein.
Liu Jianchun ist Studentin des Instituts für Behindertenbildung der Changchun-Universität. Als sie 15 Jahre alt war, musste bei ihr aufgrund einer schweren Krankheit eine Amputation durchgeführt werden. Im Alter von 32 begann sie ihr Studium an der Fakultät für musikalische Darstellung am Institut für Behindertenbildung in Changchun. Hier kann sie ihr musikalisches Talent voll entfalten:
"Jedes Semester organisiere ich Kulturabende und größere Kunstdarbietungen. Das Institut unterstützt mich sehr. Die Tanzdarbietung 'Grüne Felder' taubstummer Studenten, die von mir organisiert wurde, erhielt beim landesweiten Kunstwettbewerb der Studenten den ersten Preis."
Gegründet wurde das Changchuner Institut für Behindertenbildung im Jahre 1987. Es war die erste Hochschule für Behinderte in China. Derzeit studieren mehr als 500 Studenten an diesem Institut.
Da hier Behinderte mit verschiedenen Einschränkungen studieren, werden an diesem Institut verschiedenste Fächer unterrichtet. Taubstumme haben kein oder ein sehr eingeschränktes Hör- und Sprachvermögen. Ihre Beobachtungsgabe, ihre bildliche Abstraktionsfähigkeit und ihr Vorstellungsvermögen sind dafür aber umso stärker ausgeprägt. Daher bietet das Institut für sie Fächer wie kunsthandwerkliches Design und Malen an. Blinde Studenten haben oftmals einen sehr gut ausgebildeten Hörsinn, daher können sie Fächer wie musikalische Darstellung und TCM-Akupunktur und -Massage studieren. Körperlich behinderte Studenten werden in Buchhaltung und Computerwissenschaften ausgebildet.
Der stellvertretende Institutsleiter Zhao Lijun erklärt, an seinem Institut würden im Unterricht neben Diaprojektoren und Projektoren auch moderne Multimediasysteme und Laboreinrichtungen eingesetzt, damit den Behinderten der Stoff ansprechend vermittelt werden könne:
"Zu unseren Laboreinrichtungen zählen auch Computerlabors für Blinde und Computerlabors für Taubstumme. Wir haben auch einen Internetklassenraum, hier kann man sich direkt ins internationale Netz einwählen. So können die Studenten an einem Fernstudium für Taubstumme teilnehmen. 13 Länder nutzen dieses Netzwerk aktuell."
Das Institut hat auch eine eigene Bibliothek, die über 200.000 Bücher umfasst. Mehr als 7.000 Bücher liegen in Blindenschrift vor.
Liu Rui ist blind und kommt aus der südwestchinesischen Großstadt Chongqing. Sie sagt, die Tage, die sie bislang am Changchuner Institut verbracht hat, seien glückliche Tage voller Freude gewesen:
"Manche Menschen denken, dass wir anders sind, nur weil wir unsere Augen nicht so benutzen können wie sie. Unsere Lehrer sehen das aber nicht so, dankenswerterweise behandeln sie uns wie ihre anderen Studenten auch. Sie bestärken uns, sie sagen uns, dass wir unsere Persönlichkeit entwickeln sollen, damit wir den möglichen Schwierigkeiten des Lebens trotzen können."
Eine wichtige Aufgabe der Lehrer des Instituts ist, die Studenten besser kennen zu lernen, ihre Probleme zu verstehen und intensiv mit ihnen zu kommunizieren. Durch diesen regen Austausch können die Lehrer ihre Unterrichtsmethoden den Bedürfnissen der Studenten besser anpassen. Liu Haihan ist für die Unterrichtsplanung für taubstumme Studenten zuständig:
"Wenn wir mit taubstummen Studenten kommunizieren oder sie unterrichten, benutzen wir natürlich nicht nur Gebärdensprache. Manchmal schreiben wir Dinge auch einfach auf. Auch die Gebärdensprache hat je nach Region eine Art Dialekt. Durch die Kommunikation mit unseren Studenten lernen wir diese Unterschiede kennen. Das ist spannend, auch wir lernen jeden Tag dazu."
Das Institut hat, neben dem Unterricht, zahlreiche Maßnahmen eingeführt, um behinderte Studenten besser in die Gesellschaft zu integrieren. Dazu Studentin Liu Rui:
"Das Institut hat nach Tutoren für uns gesucht. Zum Beispiel werden Studenten der Dongbei Normal University angeregt, uns beim Studium zu helfen. Dadurch haben wir auch gleich Kontakt zu nicht-behinderten Studenten."
Derzeit ist das Institut dabei, eine moderne, international übliche Unterrichtsmethode für Behinderte einzuführen. Dabei sollen behinderte Studenten mit körperlich gesunden Menschen gemeinsam unterrichtet werden. So können behinderte Studenten noch selbstverständlicher in die Gesellschaft integriert werden. Die Kurse, die sie besuchen möchten, suchen sich die Studenten selbst aus.