• English
  • Chinese

de@Tongji

您的位置: Startseite > Aktuelles > deTongji > 正文

Alte Schule wieder in Mode

Datum:10-04-2012

Auf dem Schild am Eingang steht "Keine Besucher". Wer das Schild ignoriert, könnte unter Umständen an der privaten Frauen-Schule zugelassen werden. Alter und bisherige akademische Ausbildung spielen keine Rolle.
 
"Aber man muss einen moralischen Charakter haben", so der Gründer der Schule, Fu Qi. Es gibt keine Einteilung in Klassen, Semester, Zertifikate oder Prüfungen, denn Fu ist der Ansicht, dass Tests das Lernen ruinieren. Und natürlich können die Studenten aufhören, wann immer sie möchten. Die Studenten dieser Schule in der Stadt Suzhou in der Provinz Jiangsu, die Unterricht von morgens bis abends an sieben Tagen der Woche anbietet, können jedes Fach wählen, das mit chinesischer Klassik zu tun hat. Sie können Kalligrafie, Guqin (siebensaitige Zitter), traditionelle Malerei wählen und, und, und – also "alles, was für eine chinesische Lady nötig ist", so Fu. "Alles, was hier unterrichtet wird, kann man auch woanders lernen", so der 33-Jährige Fu aus Henan, der die Schule 2005 eröffnete. "Aber was hier zählt, sind nicht Kenntnisse, sondern eher das Wissen, wie man lernt." Der Uni-Abgänger findet, das könne man in westlichen Unis nicht lernen. "Wir verfechten Selbststudium. Lernen für einen selbst ist das Wichtigste, aber leider wird das oft vernachlässigt.
 
Die Schule befindet sich in einem Jahrhunderte alten traditionellen Haus mit einer Steinbrücke über einem Fischteich, die sie mit der Haupthalle verbindet, der auch der Hauptklassenraum ist. Ein Porträt von Konfuzius hängt an der Wand. Der ehemalige Buchverkäufer und Klassikliebhaber erinnert sich, wie er immer mal die Stadt Suzhou besuchen wollte wegen ihres historischen Rufs als Wiege von Literaten.
 
Er kam endlich vor acht Jahren in die Stadt. Doch als er vor dem Hanshan-Tempel stand, der einige der meist gefeierten literarischen Werke inspirierte, musste er feststellen, dass die Passanten nicht so "vornehm" und "vollendet" waren wie erwartet. Da hatte er die Idee, seine Schule in Suzhou zu eröffnen. "Der klassische Stil des Lernens, der Jahrhunderte lang so viele Meister hervorgebracht hat, stirbt aus", so Fu. "Das muss geändert werden."
 
Er konzentrierte sich auf die Bildung von Frauen, von denen er der Ansicht ist, dass sie "eine subtile, aber dominante Macht in der Welt haben". Seine Idee hat viele Anhänger gefunden, und Fu kann gar nicht mehr nachzählen, wie viele Schüler die Schule schon hat und hatte. Er hatte begonnen, in einem öffentlichen Park kostenlose Stunden zu geben, und zog darauf in das "sehr teure, aber sich lohnende" traditionelle Haus. "Die Schüler kommen und gehen, aber unsere Unterrichtsräume werden von Jahr zu Jahr voller", so Fu. Vollzeit-Studenten bezahlen 3000 Yuan (360.23 Euro) pro Monat, während Teilzeit-Studenten 70 Yuan pro Stunde bezahlen. Die Studenten werden von zehn Lehrern unterrichtet, darunter Hochschulabsolventen und Freiberuflern. Rund ein Drittel der Studenten sind hippe Büroangestellte, die jede Woche mit dem Hochgeschwindigkeitszug von Shanghai nach Suzhou für den Unterricht fahren.
 
Einige Männer, insbesondere Geschäftsleute, drückten Interesse für den Unterricht aus. Zunächst wies Fu sie ab, aber schließlich entschied er, dass Geschlechtertrennung nicht wichtig ist, erzählt er. Der Gründer einer Werbefirma in Shanghai, Qiu Jiyong, ist unter den Geschäftsleuten, die diese "reine Welt" anziehend finden, nachdem er auf Empfehlung eines Freundes vor zwei Jahren den Unterricht besuchte. "Es ist völlig anders als die Geschäftswelt", so Qiu. "Hier wissen wir vielleicht den Beruf des anderen, den Familienhintergrund oder sogar den Namen. Aber irgendwie sind wir die intimsten Freunde, die eine spirituelle Welt teilen und beschützen."
 
Liu Su aus Suzhou, die die Schule seit drei Jahren besucht und den Spitznamen "Klasssprecherin" trägt, erzählt: "Ich fühle mich ganz einfach wohl hier." Die Hausfrau und Mutter eines Sohnes im Teenager-Alter kommt zweimal pro Woche, um Guqin und Teezeremonie zu erlernen. Allerdings, so sie, gebe es keinen besonderen Grund, aus dem sie den Unterricht besuche. "Nicht alles im Leben bedarf eines Grundes, genauso wie die Blumen keinen Grund brauchen, um zu blühen."